Die Risiken von Zahnimplantaten
Die Implantat-Behandlung ist eine der erfolgreichsten und bestens dokumentiertesten Behandlungen und bereits seit 1982 als gesicherte Therapie in Deutschland anerkannt.
Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Sorge, etwas könnte schiefgehen, die Entscheidung für oder gegen ein Zahnimplantat mitbestimmt. Die Risiken von Zahnimplantaten sind zwar überschaubar, doch es gibt welche.
Die Risiken von Zahnimplantaten können zunächst in drei Kategorien unterteilt werden.
Risiken einer Zahnimplantat-Behandlung:
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Risiken während der OP oder danach
Bei der Einteilung von Komplikationen unterscheidet man zwischen Problemen, die während des operativen Eingriffs entstehen und den sogenannten Früh- und Spätkomplikationen: Unregelmäßigkeiten, die kurz nach der Implantation auftreten oder Folgen, die erst viel später (sogar Jahre später) auftreten.
In diesem Kapitel klären wir Sie über mögliche Risiken von Implantaten auf und wie diese zu vermeiden sind. Möglichen Spätfolgen haben wir ein eigenes Kapitel gewidmet.
Probleme während der Implant-OP
Statistisch gesehen ist die Zahl der Misserfolge sehr gering. Jeder operative Eingriff birgt ein gewisses Risiko, es kann immer zu unbeabsichtigten Komplikationen kommen. Bei einer Implantation im Kiefer sind die Risiken jedoch gering.
Ausgebildeter Implantologe vorausgesetzt
Grundlage einer erfolgreichen Behandlung ist natürlich die sorgfältige Arbeit eines geschulten Implantologen.
Der Zahnarzt muss den Patienten vor der Implantation in einem Gespräch über alle Risiken ausführlich aufklären. Dazu gehört auch die Einverständniserklärung des Patienten in Form einer Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen.
Mögliche Risiken während einer Implantation:
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Nervverletzung während der Implantation
Selten passiert es, dass Nerven durch Implantate verletzt werden. Doch wenn es zu einer Verletzung kommt, sind die Folgen oft schwerwiegend.
Zu den Nerven, die durch ein Zahnimplantat beschädigt werden können, gehören die kleineren Nerv-Äste im Oberkiefer, der Zungennerv (N. lingualis) und der Unterkiefernerv.
Die Schädigung des Unterkiefernerv-Astes stellt das wohl größte Risiko von Zahnimplantaten dar. Theoretisch können der Zungennerv (N. lingualis) oder kleinere Oberkiefernerv-Äste verletzt werden. Es gibt aber weder einen großen Oberkiefer-Nerven, den man verletzen kann, noch ist die Verletzung des Zungennerven durch ein Zahnimplantat ein realistisches Risiko.
Wofür ist der Unterkiefernerv da?
Unterhalb der Wurzelspitzen im Bereich der Seitenzähne im Unterkiefer verläuft der Unterkiefernerv (Nervus alveolaris inferior). Er versorgt den Knochen und die Zähne mit Sensibilität. Er verlässt etwa in Höhe der Wurzelspitze des kleinen Backenzahns (5. Zahn) über den Kinnaustrittspunkt (Foramen mentale) den Unterkieferknochen. Dort versorgt der Nerv den Lippen-Kinnbereich der entsprechenden Seite mit Gefühl.
Was passiert bei Verletzung des Unterkiefernerven?
Wurde für die Einbringung des Implantats zu tief gebohrt bzw. das Implantat zu tief platziert, kann der Unterkiefernerv gequetscht, teilweise oder ganz durchtrennt werden.
Je nach Schwere der Quetschung oder Verletzung kann dadurch ein zeitweiliges oder dauerhaftes Taubheitsgefühl im Kinn-Lippen-Bereich der betroffenen Seite eintreten. Ebenso möglich sind Missempfindungen und Schmerzen.
Kurzzeitige Probleme mit Nerven durch Schwellung oder Bluterguss
Gefühlsstörung oder Schmerzen können auch durch den Druck entstehen, den Schwellungen oder Blutergüsse nach der OP erzeugen. Das kann bei knappem Abstand zwischen Implantat und Unterkiefernerv passieren. Ein Röntgenbild (oder 3D-Bild) kann den Abstand zwischen Nerv und Implantat zeigen.
Nervverletzungen durch Zahnimplantate sind zu verhindern durch:
- sorgfältige Diagnostik und Planung (durch DVT, CT)
- Zwischenröntgen während der OP (Lage zwischen Bohrlänge und Nerv überprüfen)
- bei Unsicherheit Implantate vorher anders planen (z.B. kurze Implantate wählen)
Verletzung von Zahnwurzeln / Zahnschäden während der Implantation
Wird ein Implantat neben einen Zahn (oder zwischen 2 Zähnen) gesetzt, so besteht das Risiko, eine Zahnwurzel des Nachbarzahns beim Bohren zu verletzen.
Wenn Wurzeln der benachbarten Zähne in den Implantatbereich ragen und/oder die Bohrrichtung ungünstig gewählt wurde, kann so etwas passieren.
Kleinere Verletzungen der Wurzel haben in der Regel keine Auswirkungen auf die Zahngesundheit, da sie von alleine ausheilen.
Verletzungen von Zahnwurzeln und Zahnschäden durch Implantate sind zu verhindern durch:
- sorgfältige Diagnostik und Planung (durch DVT, CT)
- Verwendung einer Bohrschablone
- Verwendung von durchmesser-reduzierten Implantaten bei Platzmangel zwischen 2 Zahnwurzeln
- Zwischenröntgen währen der OP (Lage zwischen Bohrrichtung und Zahnwurzel überprüfen)
Verletzung der Kieferhöhle
Ein häufiges Problem stellt ein Knochenmangel im Oberkiefer-Seitenzahn-Bereich (unterhalb der Kieferhöhle) dar. Wer sich hier gegen einen Sinuslift (Anheben des Kieferhöhlenbodens) entscheidet, entscheidet sich für kurze Implantate. Dafür muss der Knochen allerdings in gesamter Länge genutzt werden, um erfolgreich zu implantieren. Das Risiko, den Boden der Kieferhöhle beim Bohren zu beschädigen, ist groß.
So eine Verletzung wird problematisch, wenn sich dadurch die Kieferhöhle entzündet.
Kieferhöhlenverletzung durch Zahnimplantate sind zu verhindern durch:
- Knochenaufbau (Sinuslift) durchführen
- sorgfältige Planung: vorhandenen Bohrlänge richtig einschätzen
- gefühlvolles Bohren/vorsichtiges Austasten des Bohrlochs
- Zwischenröntgen (Lage zwischen Bohrlänge und Sinusboden überprüfen)
- bei Durchdringen der Kieferhöhle handeln (kürzeres Implantat wählen oder Sinuslift)
Verletzung des Nasenbodens
Das Risiko, den Nasenboden zu durchbohren, besteht bei einer geringen Knochenhöhe im Oberkiefer-Frontzahn-Bereich. Zu einem bleibenden Schaden führt das nicht, allerdings sollte das Implantat innerhalb des Knochens platziert sein und nicht herausragen.
Verletzungen des Nasenbodens durch Zahnimplantate sind zu verhindern durch:
- gefühlvolles Bohren
- Zwischenröntgen (Lage zwischen Bohrlänge und Nasenboden überprüfen)
Erfolglose Implantation
Als Risiko kann man auch eine gar nicht erst erfolgreich abgeschlossene Implantation zählen.
Es kann zum Beispiel während eines operativen Eingriffs festgestellt werden, dass ein Implantat nicht verankert werden kann. Das kann bei zu wenig Knochen oder Knochen ohne ausreichende Stabilität (zu weich durch eine zu dünne Knochenstruktur) der Fall sein. Eine akute Entzündung kann einer Implantation auch im Weg stehen.
Möglich ist auch eine fehlerhafte Bohrung. Es muss dadurch kein gesundheitlicher Schaden entstehen, das Implantat kann dadurch aber nicht fest genug sitzen und früher oder später den Halt verlieren.
Eine erfolglose Implantation ist zu verhindern durch:
- sorgfältige und präzise Diagnostik, Planung und Durchführung
Frühkomplikationen nach der Implantation
Ist der operative Eingriff gut überstanden und das Implantat eingebracht, beginnt nun die Heilungsphase. Die sogenannten Frühkomplikationen sind Beschwerden, die in der Zeit nach der Implantation auftreten können. Einige sind in geringem Maße als normal anzusehen.
Leichte Schmerzen und Schwellungen sind normal
Am Tag nach der OP ist mit leichten Schmerzen und Schwellungen zu rechnen. Leichte Schmerzmittel und das Kühlen der Wange schaffen in der Regel Abhilfe. Auch Blutergüsse können vorkommen. Sie sehen schlimmer aus, als sie letztendlich sind.
Wichtig ist, den Wundheilungsverlauf genau zu beobachten, denn die anschließende Heilung verläuft nicht bei jedem reibungslos.
Mögliche Risiken kurz nach einer Implantation:
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Schwellungen
Über Schwellungen muss man sich nach einem chirurgischen Eingriff zunächst keine Sorgen machen. Schwillt das Weichgewebe um eine operierte Stelle an, ist das ein Zeichen für eine erhöhte Aktivität und einen gestörten Flüssigkeitsaustausch.
Nach einem Knochenaufbau neigt das Gewebe dazu, mit einer stärkeren Schwellung zu reagieren. Werden zusätzlich Membranen zur Stabilität des aufzubauenden Knochens verwendet, kann eine Schwellung noch länger anhalten. Es kann zu Blutungen und Blutergüssen kommen.
Das Kühlen mit einem Kühlpad in den ersten Tagen kann das Abschwellen beschleunigen. Nach Absprache kann auch Kortison gegen die Schwellung angewendet werden.
Schwellungen nach der Implantation verhindern durch:
- behutsames Operieren (so schonend wie möglich)
- Kühlen
- Schonung
- Kortison Gabe um die Schwellung zu unterdrücken (med. nicht unumstritten!)
Schmerzen
Genau wie Schwellungen, ist auch mit einem leichten Schmerz am gleichen Tag der OP zu rechnen. Entgegen einer verbreiteten Meinung, ist nur mit leichten bis gar keinen Schmerzen zu rechnen. Leichte Schmerzmittel helfen zuverlässig.
Bereits einen Tag nach dem Eingriff sollten die Schmerzen abklingen.
Falls sie es nicht tun, oder gar stärker werden, ist das ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt (Wundheilungsstörung, Entzündung am Implantat).
Für anhaltende Schmerzen kann außerdem eine während der OP beschädigte Zahnwurzel oder ein verletzter Nerv verantwortlich sein.
Schmerzen nach der Implantation verhindern durch:
- behutsames Operieren (so schonend wie möglich)
- korrektes Drehmoment beim Einschrauben des Implantats
- Kühlen, schonen
- Schmerzmittel
- Antibiotikagabe vor der OP zur Infektionsprophylaxe
Wundheilungsstörungen
Was passiert, wenn eine Wunde nicht ohne Komplikationen abheilt?
Wächst das Zahnfleisch nach der Implantat OP nicht zusammen oder entzündet es sich, dann spricht man von einer Wundheilungsstörung.
Eine verlangsamte Heilung ist nicht automatisch bedrohlich. Die Mundhöhle ist kein steriler Ort und eine Wundheilungsstörung kann zu Komplikationen führen: Siedeln sich Bakterien in der Wunde an, kann es zu einer Infektion kommen.
Offene Wunde kann zu Infekt führen
Eine Infektion kann, wenn sie nicht behandelt wird, auf das Weichgewebe um das Implantat übergreifen, und sogar einen Knochenabbau zur Folge haben (Periimplantitis). Ein fehlender Wundverschluss stellt ein Infektionsrisiko dar, besonders nach einem Knochenaufbau ist bei einer freiliegenden Membran Ärger vorprogrammiert.
Infekt sofort behandeln, besonders nach Knochenaufbau
Ein Infekt muss umgehend behandelt werden, der Erfolg des Knochenaufbaus steht auf dem Spiel. Sollte sich eine Entzündung nach einem Sinuslift einschleichen, können die Folgen chronische Ausmaße annehmen (Sinusitits). Auch eine schlechte Durchblutung kann zu Problemen führen, ein Absterben von Wundrändern ist möglich. Raucher haben ein erhöhtes Risiko, unter einer Wundheilungsstörung zu leiden.
Wundheilungsstörung nach der Implantation verhindern durch:
- Vernähen der Wunde sorgfältig, präzise und ohne Spannungen
- desinfizierende Mundspül-Lösungen nach der OP
- prophylaktischer Einnahme von Antibiotika vor und während der OP (nach der OP weniger effektiv)
- Zigaretten Abstinenz, gilt auch für E-Zigaretten
Implantitis, Implantatinfektion
Dass sich ein Implantat während der Heilungsphase entzündet, ist unter „normalen“, also gesunden Voraussetzungen sehr selten (unter 5%).
Es kann jedoch passieren. Eine Früh-Infektion kann sogar zum Implantatverlust führen.
Das Risiko einer postoperativen Implantat-Entzündung ist bei Patienten mit einer Parodontitis (-Vorgeschichte) höher. Auch Rauchen kann eine Implantatentzündung begünstigen.
Woher kommt die Entzündung am Implantat?
Warum sich eine Entzündung einschleicht, ist kaum genau zu bestimmen. Die Behauptung „der Körper hat das Implantat abgestoßen“ ist medizinisch jedenfalls nicht korrekt. Der Knochen selbst besitzt keine Mechanismen, ein Implantat „abzustoßen“.
Eine Entzündung kann allerdings dafür sorgen, dass der Knochen rund um das Implantat abstirbt und eine Einheilung des Implantats gar nicht erst stattfindet.
Mögliche Ursachen einer frühen Implantatinfektion / Periimplantitis
- Die prophylaktische Antibiotikagabe wurde vergessen/war wirkungslos, zu viele Bakterien siedelten sich in der Wunde an
- Die Entzündung war schon vorher da, von einem entfernten Zahn (Restostitis)
- Das Implantat wurde mit zu viel Druck eingedreht, der Knochen kann dadurch Schaden nehmen
Diagnose einer frühen Implantatentzündung
Nicht abklingende Schmerzen nach einer Implantation sind kein gutes Zeichen. Nach dem ersten Tag des Eingriffs sollten sie deutlich nachlassen oder ganz verschwunden sein. Tendenziell stärker werdende Schmerzen, gerötetes Zahnfleisch und Eiter, der aus der Wunde tritt, sind alarmierende Zeichen.
Entweder liegt eine oberflächliche Wundheilungsstörung vor, oder das Implantat ist direkt von der Entzündung betroffen. Genauere Erkenntnisse können erst etwa 2 Wochen später (aber leider auch nicht immer) durch ein Röntgenbild gewonnen werden.
Therapie der frühen Implantatentzündung
Ist die Diagnose klar, kann leider nicht viel gegen die Implantatentzündung unternommen werden. Nach genauer wissenschaftlicher Untersuchung hat ein Antibiotikum zwar nicht viel Aussicht auf Erfolg, dennoch ist die Antibiotika-Gabe und das Kühlen der betroffenen Stelle alles, was getan werden kann.
Dann muss abgewartet werden, viele Entzündungen heilen aus. Meistens hat die Entzündung leider einen Knochenabbau zur Folge. Dadurch kann das Zahnimplantat nicht stabil im Kieferknochen verankert sein.
Bleibt die Entzündung bestehen, muss das Implantat entfernt werden. Ein enttäuschendes Ergebnis, bei so einem Verlauf.
Spätkomplikationen
Bei den Spätkomplikationen mit Implantaten unterscheidet man grundsätzlich zwischen Problemen mit dem Implantat selber und Problemen, die mit dem Zahnersatz bzw. der Suprakonstruktion zu tun haben (sog. technische Komplikationen).
Wir haben späten Problemen mit Implantaten ein eigenes Kapitel gewidmet: