Feste Zähne auf nur 4 Implantaten
Das revolutionäre Konzept, bei dem lediglich 4 Implantate nötig sind, um den zahnlosen Kiefer mit festen Zähnen zu versorgen, wurde Ende der 90er Jahre von dem portugiesischen Arzt Dr. Paolo Malo zusammen mit dem Implantathersteller Nobel Biocare entwickelt.
Entgegen des erprobten Standards
Nicht nur die Anzahl der Implantate, auch deren Verteilung und der Winkel, in dem sie gesetzt werden, war ein völlig neuer Ansatz und gegenteilig zum medizinisch erprobten Standardverfahren.
All-on-4: Implantatpositionierung weniger risikoreich
Während das klassische Konzept (6-8 Implantate für eine festsitzende Brücke) eine gute Pfeiler-Verteilung vorsieht, nutzt das Konzept der All-on-4® nur die knochenreichen Bereiche in der Frontregion. Das macht die Platzierung weniger risikoreich.
Um den gewünschten Halt zu ermöglichen, werden neben den 2 Implantaten im Schneidezahnbereich, die beiden anderen Implantate schräg und möglichst weit hinten gesetzt. Das schräge Einbringen eines Implantats galt bis dato als fehlerhaft, hat sich aber bewährt.
Knochenaufbau? Braucht man nicht!
Die Positionierung der 4 Implantate hat den großen Vorteil, einen Knochenaufbau unnötig zu machen. Die vorhandene Knochenmenge kann im Unterkiefer über dem Hauptnerv- und im Oberkiefer unterhalb der Kieferhöhle voll ausgenutzt werden. Obwohl die Brücke nur auf 4 Pfeilern steht, ist das Konstrukt stabil.
Implantathersteller passen ihr Konzept an
Als völlig revolutionäres Konzept musste sich das All-on-4® zunächst beweisen. Es wurde von Wissenschaftlern und konkurrierenden Implantatherstellern lange Zeit argwöhnisch beobachtet. Studien haben gezeigt, dass es längst keinen Grund mehr dafür gibt, das Konzept anzuzweifeln. Die (langfristigen) Erfolge sind sehr gut.
Deswegen sind zahlreiche Implantathersteller dazu übergegangen, ihre Konzepte anzupassen (zum Beispiel fast-and-fixed® von Bredent) oder speziell abgewinkelte Aufbauten in ihr Sortiment aufzunehmen. Das „All-on-4®“ wurde von Dr. Malo und Nobel Biocare als Konzept namentlich geschützt.
Implantate werden schräg in den Kieferknochen gesetzt
Durch die schräge Positionierung kann der vorhandene Kieferknochen voll ausgenutzt werden, ohne dass ein Knochenaufbau erfolgen muss. Dadurch erspart man sich Knochenaufbaumaßnahmen wie zum Beispiel einen Sinuslift.
- das (meistens) schwache Knochenangebot im Seitenzahnbereich (zum Beispiel durch Atrophie)
- die (meistens) zu schmale Knochenhöhe unterhalb der Kieferhöhle im Oberkiefer
Implantatplatzierung ohne Verletzungsrisiko des Nerven
Sinn der Positionierung ist es, die hinteren Implantate so einzubringen, dass der austretende Nerv (in Höhe des 5. Zahns) als Grenzpunkt anzusehen ist: Die Implantatspitze liegt vor dem Nerven (vor dem 5. Zahn) und der Implantatkopf (durch die Schräglage) dahinter.
Die Verletzung des Nerven (Nervus alveolaris inferior) ist eine besonders schwerwiegende Komplikation einer Implantation und hat einen (dauerhaften) Verlust der Sensibilität zur Folge. Mehr dazu: Risiken von Zahnimplantaten
Exakte Positionierung dank moderner Technologie
Die exakte Positionierung der Implantate des All-on-4®-Konzepts ist ohne technische Orientierungs-Systeme kaum möglich. Um die Implantate millimetergenau setzen zu können (im Oberkiefer vor der Kieferhöhlenwand und im Unterkiefer vor dem Nerv-Ast), stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
Vorab wird die exakte Bohrung per 3D-Planung mit DVT ermittelt, die Implantatsetzung erfolgt mit Hilfe einer 3D-Bohrschablone und 3D-Navigation.
„Teeth-in-an-hour“ lautet das Motto der Sofortversorgung durch All-on-4®
Aufgrund der umfangreichen digitalen Datengewinnung von DVT und 3D-Bohrschablone/Navigation, ist die Ermittlung und Fertigung des passenden Zahnersatzes (per CAD-CAM-Verfahren) kein Problem. Speziell entwickelte Aufbauten gleichen minimale Ungenauigkeiten aus. So waren Implantation und Aufsetzen des vorgefertigten Zahnersatzes in einer einzigen Sitzung möglich: das so genannte „Teeth-in-an-hour®“-Konzept.
Implantation und Eingliederung des Zahnersatzes in einer Sitzung kann auch schief gehen
„Teeth in an hour“ kann ausgezeichnet funktionieren. Diese Vorgehensweise birgt allerdings auch gewisse Risiken. Die Datenberechnung kann nicht vorhersagen, ob- oder wie gut/stabil ein Implantat einheilt. Ein Implantatverlust macht den aufgesetzten Zahnersatz nutzlos.
Da der zur Sitzung gefertigte Zahnersatz vorab nicht anprobiert werden konnte und die Fräse nie zu 100% genaue Endergebnisse erzielt, ist das Aussehen der Implantatbrücke nicht genau vorherzusagen. Über den Zahnfleischverlauf nach der Einheilphase lässt sich vorher ebenfalls keine Aussage treffen.
Das Anfertigen (und Einsetzen) einer fertigen Arbeit ist also riskant. Empfehlenswerter ist ein gutes, festsitzendes Provisorium zur Überbrückung der Einheilphase.
Vorteile des All-on-4-Konzepts
- Weniger Implantate
- Knochenaufbau meistens unnötig, Knochenmangel irrelevant
- = spart Zeit, Kosten und ist weniger belastend
- Feste Zähne auch bei klassisch schwierigen Voraussetzungen möglich
- Zahnfleisch muss nicht eröffnet werden, 3D-Planung ermöglicht Stanzverfahren
- Primäre Verblockung ermöglicht Sofortversorgung („teeth-in-an-hour®“)
Nachteile der festen Brücke auf 4 Implantaten
- Höherer Aufwand durch notwendige 3D-Planung/Navigation
- Abgewinkelte Implantate und Aufbauten sind einer höheren Belastung ausgesetzt
- Implantate und Zahnersatz kaum selbst zu pflegen
- Funktioniert nicht auf Implantaten und eigenen Zähnen (Hybrid-Versorgung)
- Keine Etappen-Planung mit Zahnerhalt möglich
Was kostet eine All-on-4® Versorgung bei Zahnlosigkeit?
Die Gesamtkosten dieser Implantatversorgung unterscheiden sich nicht großartig von den Kosten für eine „herkömmliche“ feste Brücke auf 6 Implantaten. Man muss je nach Implantat-System mit 12.200-14.400 € rechnen.
Mehr dazu: Implantatkosten bei Zahnlosigkeit
Günstiger ist es, wenn kein Knochenaufbau stattfinden muss
Dadurch, dass eine 3D-Planung/Bohrschablone/Navigation, ein insgesamt höherer Behandlungsaufwand, teurere Bauteile und eine aufwändigere Suprakostruktion notwendig sind, gleicht sich die Kostenersparnis von 4 statt 6 Implantaten ungefähr wieder aus.
Eine Kosten- und auch Risikoersparnis entsteht allerdings, wenn für die „klassische“ Implantatlösung erst ein Knochenaufbau (Sinuslift) erfolgen müsste.