Welche Probleme können bei Zahnimplantaten auftreten?
Rein statistisch gesehen gehört die zahnmedizinische Implantologie zu den besonders sicheren und intensiv erforschten Behandlungsmethoden in der Medizin. Doch auch bei einer Erfolgsrate von über 95% besteht die Möglichkeit, dass eben nicht jedes Implantat bestehen bleibt.
1. Periimplantitis: Entzündung um ein Implantat
Der Hauptverlust für Zahnimplantate ist eine Entzündung um das Implantat, die so genannte Periimplantitis. Vergleichbar mit einer Parodontitis bei Zähnen, sind auch hier Bakterien der Auslöser einer Entzündungskette, die zum Knochenabbau und damit verbundener Implantatlockerung führen kann.
2. Schäden am Implantat selbst
Auf Probleme, die das Implantat selbst bzw. den Aufbau oder die Halteschraube betreffen, gehen wir in einem separaten Kapitel ein. Im Körper treten nirgendwo so hohe Kräfte auf, wie beim Kauen: übermäßige Last durch Hebelwirkung (z.B. zu hoher aufgesetzter Zahnersatz) kann neben Lockerung der Implantat-Innenschraube sogar zu Implantat-Brüchen führen.
Über sonstige Risiken und Komplikationen mit Zahnimplantaten gehen wir in unserem Kapitel über die Risiken von Zahnimplantaten ein.
Schwerste Komplikation bei Zahnimplantaten: Periimplantitis
Bei dieser Erkrankung kann es sich um eine Frühkomplikation oder eine Spätkomplikation handeln, denn die Entzündung kann sich entweder noch vor der Implantateinheilung in den Knochen (Osseointegration) entwickeln, oder aber wesentlich später.
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Frühe Periimplantitis: Implantat heilt nicht ein
Entzündet sich das Gewebe um das Implantat (z.B. durch eine offene OP-Naht) in den Wochen nach der Implantation, dann findet die Einheilung oftmals garnicht statt. Das Implantat kann mit dem Knochen keinen Verbund eingehen, es geht verloren.
Schmerzlose Erkrankung bleibt oft unbemerkt
Die Periimplantitis kann aber auch erst Jahre später und trotz erfolgreicher Einheilung auftreten.
Die Erkrankung bleibt durch einen unauffälligen Verlauf oft unentdeckt. Symptome wie dunkelrotes Zahnfleisch, das auf Berührung blutet, oder spontane Eiterentleerung treten erst bei einer fortgeschrittenen Entzündung auf. Schmerzen hingegen sind selten.
Vorstufe von Periimplantitis: Gingivitis
Bei einer Entzündung des Zahnfleisches, ohne dass der Knochen betroffen ist, spricht man von einer Mucositis oder Gingivitis. In diesem Fall ist der Erhalt des Implantats nicht zwangsläufig in Frage zu stellen. Ein Verlustrisiko besteht nur, wenn sich die Entzündung des betroffenen Zahnfleisches auf das umliegende Gewebe ausweitet.
Was ist eine Periimplantitis?
Eine Periimplantitis beschreibt eine Entzündung des Gewebes um ein Zahnimplantat herum.
Die Entzündung wird durch die Anheftung von schädigenden Bakterien (in Form von Plaque) an der Implantatoberfläche verursacht. Auf diese Bakterien reagiert das Gewebe mit einer Entzündungsreaktion, die nicht nur das weiche Gewebe, sondern auch den umliegenden Knochen zerstören kann.
Knochenabbau = Implantat verliert den Halt
Durch den Knochenabbau verliert das Implantat seinen Halt im Knochen, es wird locker und geht verloren. Ein chirurgischer Eingriff kann nötig sein, um das wackelige Implantat zu entfernen.
Anzeichen einer Periimplantitis
- Dunkelrotes Zahnfleisch, dunkle Verfärbung (gesundes Zahnfleisch ist blass-rosa)
- Zahnfleisch ist geschwollen, liegt nicht fest an und blutet auf Berührung
- Sondieren/Berühren schmerzt
- Sondieren/Berühren führt zu Sekret und/oder Eiterentleerung
- Tiefe der Zahnfleischtaschen (Sondierungstiefen) erhöht
- Nach starkem Knochenabbau liegen Implantatwindungen frei (sichtbar)
Wie entsteht eine Periimplantitis?
Hervorgerufen wird die Periimplantitis durch die Anheftung schädlicher Bakterien und der daraufhin einsetzenden, körpereigenen Entzündungsreaktion.
Bakterien können sich in Form von Plaque an den Zähnen (und Zahnkronen) ansiedeln. Das passiert bei nicht ausreichender Mundhygiene. Die meisten Bakterien in der Mundhöhle sind harmlos und für die Mundflore nützlich. Wenige Arten sind jedoch der Auslöser spezieller Erkrankungen, wie beispielsweise Karies, Parodontitis oder eben Periimplantitis.
Folgende Bakterien sind als Verursacher der Periimplantitis (und der vergleichbaren Parodontitis) bekannt:
- Bacteroides forsythus
- Aggregatibacter actinomycetemcomitans
- Porphyromonas gingivalis
- Treponema denticola
- Prevotella intermedia
Entzündungsreaktion des Körpers: Gewebe-Abbau
Im Laufe der Evolution hat sich unser Immunsystem weiterentwickelt, um Angriffe durch Bakterien und Viren bestmöglich abwehren zu können.
Bei einer Immunschwäche sind diese ausgeklügelten Mechanismen nicht bzw. nicht voll einsatzfähig: der Mensch wird krank.
Immunsystem "schießt über das Ziel hinaus"
Bei der Periimplantitis liegt das Problem jedoch meistens nicht in einer immunschwachen Abwehr, viel häufiger ist das genaue Gegenteil das Problem: Die Abwehrreaktion auf die Entzündung tötet nicht nur die verursachenden Bakterien ab, sondern auch das umliegende (eigene) Gewebe.
Nicht jeder entwickelt eine Periimplantitis
Ein Ansatz zur Behandlung einer Periimplantitis ist, diese Immunabläufe zu unterdrücken. Da Entzündungsreaktionen je nach Immunsystem anders ausfallen, entwickelt nicht jeder Mensch bei der Anheftung potenziell schädlicher Bakterien automatisch eine Periimplantitis, oder eine vergleichbare Parodontitis.
Es kommt immer auf die individuelle biologische Reaktion des Körpers an, wie das Immunsystem mit den Bakterien „umgeht“. Es gibt jedoch gewisse Risikofaktoren, die eine Periimplantitis begünstigen.
Gründliche Untersuchung stellt die Diagnose: Periimplantitis
Die entzündliche Erkrankung ist in der Regel durch die Symptome gut erkennbar: der Bereich ist geschwollen und gerötet, schmerzt bei Berührung, Sekret kann sich entleeren, das dunkelrote Zahnfleisch neigt zu bluten. Nach kurzer Untersuchung wird der Zahnarst die Diagnose stellen können.
Bei Rauchern meist weniger Symptome
Bei Rauchern können die offensichtlichen Symptome allerdings ausbleiben. Dann muss der Zahnarzt behutsam sondieren, um die Taschentiefe und eventuelle Blutungsneigung einschätzen zu können.
Knochenabbau untersuchen, passendes Antibiotikum benennen
Das Ausmaß der Periimplantitis, ob und wie schwerwiegend ein Knochenabbau stattgefunden hat, zeigt sich im Röntgenbild. Für eine eventuelle gezielte Antibiotikatherapie können die anheftenden Bakterien von einem Labor untersucht und identifiziert werden.
Ursache der Periimplantitis abklären
Kommt die Entzündung von einer mangelhaften Implantatpflege? Ist die Periimplantitis eine Reaktion auf einen Fremdkörper? Auch eine Überlastung des Implantats oder eine Schraubenlockerung der Verbindungsschraube kann sich in einer Entzündung äußern.
Ausmaß der Entzündung wird im Röntgenbild sichtbar
Während der Zahnarzt durch das behutsame Sondieren nur den Grad des Knochenabbaus vermuten kann, liefert ein Röntgenbild (Zahnfilm, eventuell Panorama-Schichtaufnahme) die nötigen Informationen:
- Wie stark hat sich der Knochen um ein Implantat abgebaut?
- Sind Nachbarzähne bzw. benachbarte Implantate betroffen?
- Lohnt eine Periimplantitis-Therapie oder
- muss aufgrund des fortgeschrittenen Knochenabbaus das Implantat entfernt werden?
Röntgenbilder zur Kontrolle der Therapie
Für den weiteren Therapie-Verlauf sind Röntgenbilder als Referenz wichtig, um zu sehen, wie und ob sich die Strukturen weiter verändern. Zeigt sich trotz Therapie kein Erfolg, können die Aufnahmen der Entscheidungsfindung dienen, ob es sinnvoller ist, das Implantat zu entfernen.
Statt klasischem Röntgen: 3D-Röntgen (DVT, CT)
Falls die nötigen Informationen nicht durch ein klassisches Röntgenbild gewonnen werden können (zum Beispiel durch Überlagerung oder atypische Entzündungspositionen), besteht die Möglichkeit, eine genaue Darstellung durch ein 3D-Röntgen (DVT,CT) zu erhalten.
Warum nicht direkt ein 3D-Röntgenbild machen?
3D-Aufnahmen sind deutlich teurer und mit einem höheren Aufwand und einer erhöhten Strahlenbelastung für den Patienten verbunden. Bei einfacher Diagnostik ist es daher eine unübliche Herangehensweise.
Wie behandelt man eine Periimplantitis?
Die Therapie ist schwierig. Wütet die Entzündung schon lange und ist der Knochen um das Implantat abgebaut, muss das Implantat wohl oder übel entfernt werden. Bei leichter Periimplantitis erfolgt die Reinigung der bakteriell besiedelten Implantatoberflächen. Anschließend erfolgt die Desinfektion des betroffenen Bereiches. Es kann ein Antiobiotikum verabreicht werden. Die orale Einnahme von Antibiotika konzentriert sich jedoch nicht auf den Mundraum und ist deswegen nicht sehr effektiv.
Wird die Ursache der Entzündung nicht eliminiert, wird die Reinigung und Desinfizierung der Implantatoberfläche nicht zum Erfolg führen. Ist die Periimplantitis durch schlechte Zahnpflege (Implantatpflege) entstanden, muss das umgehend geändert werden.
> Ausführliche Informationen über die Behandlung der Periimplantitis
Risikofaktoren für eine Periimplantitis:
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Mangelhafte Mundhygiene: größtes Risiko
Die Grundvoraussetzung für ein gesundes Implantat ist die richtige Pflege. Bei einer optimalen Mundhygiene und zusätzliche Pflegemaßnahmen wie einer professionellen Zahnreinigung (empfohlen 2x jährlich), minimiert sich das Risiko einer Entzündung durch Plaque-Anheftung nachweislich.
Wenn sich der Zahnersatz nicht pflegen lässt
Ist die Pflegbarkeit einer Implantat-Konstruktion von Anfang an eingeschränkt, ist der Verlust durch eine Periimplantitis vorprogrammiert.
Rauchen: hohes Risiko für Periimplantitis
Bestens erforscht ist das Rauchen als Risikofaktor für eine Periimplantitis. Sowohl die Misserfolgsrate bei der Einheilung, als auch das Risiko, ein Implantat Jahre nach der Implantation zu verlieren, ist bei Rauchern zwischen 2 bis 4 mal höher.
Periimplantitis: Symptome eh unauffällig, bei Rauchern gar nicht vorhanden
Problematisch ist die Tatsache, dass die ohnehin unauffällige Erkrankung bei Rauchern noch unauffälliger ist. Da Schmerzen für eine Periimplantitis untypisch sind, erkennt man die Erkrankung im Alltag an Verfärbungen des Zahnfleisches oder spontanem Zahnfleischbluten.
Bei Rauchern treten diese Anzeichen oft nur schwach oder gar nicht auf. Regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt sind deshalb wichtig, die Erkrankung zu erkennen.
Zahnersatz kann nicht richtig gepflegt werden: Entzündung vorprogrammiert
Der auf ein Implantat aufgesetzte Zahnersatz muss einige Kriterien erfüllen, um erfolgreich im Mund zu verbleiben.
Zahnersatz auf Implantaten muss so gestaltet sein, dass
- er einwandfrei gepflegt werden kann,
- eine Fehlbelastung und
- eine Überbelastung vermieden werden.
Der Patient muss seinen Zahnersatz (ohne goßen Aufwand) täglich gut reinigen können. Wenn das nicht möglich ist, hat die Konstruktion einen Fehler.
Periimplantitis als Folge chirurgischer Fehler während der Implantation
Eine Periimplantitis kann sich auch trotz erfolgreicher Implantation entwickeln. Chirurgische Fehler während einer Implantation machen eine Entzündung jedoch wahrscheinlicher.
Zahnfleischverletzung während der Implantat-OP
Das Zahnfleisch schützt den darunter liegenden Knochen und hat ernährende Funktion. Wird es bei ungünstiger Schnittführung während der Implantation oder während eines Knochenaufbaus verletzt, kann es seiner Schutzfunktion nicht mehr richtig nachkommen.
Vernähte Wunde kann aufgehen
Nach einem Knochenaufbau sollte die vernähte Wunde in Ruhe abheilen. Lösen sich jedoch im Laufe des Heilungsprozesses die OP-Nähte, können Bakterien durch das offene Zahnfleisch eindringen und sich am Knochen anheften. Es kommt zu einer Entzündung.